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FHWien

Dieses Projekt entstand im Rahmen einer Abschlussarbeit im Studienbereich Journalism & Media Management der FHWien der WKW.

Sarah Schwaighofer

Medien
  • Sarah Schwaighofer



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So informierte sich die junge Generation für die Nationalratswahl 2024

Junge Menschen haben oft den Ruf, dass sie sich nicht für Politik interessieren. Aktuelle Zahlen und Statistiken zeichnen ein anderes Bild. Junge Menschen informierten sich 2024 häufiger als sonst über politische Themen, dazu nutzten sie am häufigsten Soziale Medien. Instagram ist für junge Menschen die wichtigste Plattform für politische Information. Tiktok und Messengerdienste teilen sich den zweiten Platz.

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Quelle: Junge Menschen und Demokratie 2024, Zandonella & Bohrn, Für die Studie wurden im Zeitraum von Oktober bis November 2024 303 Jugendliche mit Wohnsitz in Österreich befragt.

Aber auch im Alltag der 16- bis 26-Jährigen ist Politik vermehrt Thema. Dabei bewegen sie laut einer 2024 durchgeführten Studie des FORESIGHT-Instituts wirtschaftliche Themen besonders. Die Leistbarkeit des Lebens, hohe Wohnkosten und Sorge um Verlust von Arbeitsplätzen sind derzeit die wichtigsten politischen Anliegen junger Menschen. Dahinter folgen Klimawandel, Migration und Integration.

Die Integration beschäftigt die Jugendlichen auf unterschiedliche Weise: Hier kommen Wünsche nach Verteilungsgerechtigkeit, der Kampf gegen Rassismus genauso wie das Bedürfnis nach einer gemeinsamen Sprache zum Ausdruck. Jedoch denkt nur die Hälfte der Jugendlichen, dass sie mit Beteiligung etwas verändern können.

Mina Öztürk, Anna Buchegger und Nicolas Kempf sind drei Jugendliche aus Wien, Salzburg und Niederösterreich. Wie sieht ihr Nachrichtenkonsum aus?



Der Journalismus am Wendepunkt

Auch Journalist*innen haben erkannt, dass sich Jugendliche zunehmend über Social Media informieren und setzten vermehrt auf online Formate. Doch nicht jede Geschichte passt in ein kurzes Reel.

Antonia Titze arbeitet als Social-Media-Managerin bei der österreichischen Tageszeitung der Standard. Sie kennt die Mechanismen der Plattformen – und weiß, warum Medienhäuser heute kaum noch an Social Media vorbeikommen.



Neue Sichtbarkeiten und Unsichtbarkeit von Politischem

Politische Kommunikation wird durch Social Media persönlicher und zugänglicher. Politiker*innen sind nicht mehr auf Medien angewiesen und können ihre Inhalte in Sozialen Netzwerken selbst verbreiten. In Sozialen Netzwerken entscheiden aber oft Algorithmen über Sichtbarkeit.

Diese unterliegen den Regeln von einzelnen Akteuren, die meist schwer durchschaubar sind und hinter geschlossenen Türen festgelegt werden. Sie entziehen sich, anders als klassische Medien, weitestgehend einer öffentlichen Debatte. Man kann über die Aufmachung einer Zeitung und die Gewichtung der Themen diskutieren.

In digitalen Räumen, die von Algorithmen gesteuert werden, ist eine Debatte darüber kaum oder nur für wenige Expert*innen möglich. Da die Jugend aber fast nur noch über Social Media erreicht werden kann, wollen viele Parteien ihren Social Media Auftritt ausbauen. Die Politikerinnen Julia Herr von der SPÖ, Lisa Schuch-Gubik von der FPÖ und Sigrid Maurer von den Grünen erzählen von ihren Strategien.



Die Nationalratswahl

Im Superwahljahr 2024 wurde die Macht in Österreich sieben Mal neu verteilt. Im Vorfeld gab es auf Social Media vermehrt journalistische Formate, die über die Wahl aufklären. Welche Strategien wendete der Standard dabei an und was würde man rückblickend anders machen? Und wie haben sich die Jugendlichen ihre Meinung gebildet?



Zwischen zwei Polen

Der Journalismus und Massenmedien erfüllen wichtige Aufgaben im politischen System. Sie sollen zwischen Regierung und Bevölkerung vermitteln, Transparenz schaffen und weniger Einflussreichen eine Stimme geben. Die Digitalisierung bringt hier einige Herausforderungen mit sich. In der Flut von Nachrichten, die online publiziert werden, befinden sich auch Nachrichten, die nicht faktenbasiert sind, sondern Interessen von unterschiedlichen Akteuren dienen.

Nutzer*innen müssen weniger Selektionsentscheidungen treffen, dadurch wird der Zugang zu Information zwar leichter und sie können politische Informationen häufiger verstehen. Die Inhalte werden aber nach algorithmischen Regeln verbreitet und für einige Nutzer*innen ist nicht erkennbar, ob Inhalte maschinell oder menschlich erstellt wurden.

Außerdem treten online vermehrt „Social Bots“ auf, also Akteure, die von Algorithmen und Software gesteuert werden und eigene Interessen verfolgen. Sie sind eine der Hauptquellen für Fake News, Desinformation und Gerüchte im digitalen Raum. Auch Firmen, die Follower*innen verkaufen und damit künstliche Popularitäten erzeugen und Aufmerksamkeit auf Themen lenken können, sind eine Herausforderung für Information im digitalen Raum.

Der X-Account TrueTrumpers wird in einem Artikel in the British Journal of Management als typischer Social Bot Account genannt. Laut Nick Hajli und anderen Autor*innen des Artikels haben Social Bots die Verbreitung von Nachrichten in den sozialen Medien beschleunigt. Hinter ihnen stecken wahrscheinlich Roboter, die Falschnachrichten noch schneller verbreiten.

Ein Replie des X-Accounts TrueTrumpers, der in der Studie als beispielhafter Social Bot Account angeführt wurde.

Die SPÖ-Politikerin Julia Herr beantwortet die Frage, ob Social Media bereits Einfluss auf ihre politischen Entscheidungen hatte.



Falsch, aber viral – wie Fake News funktionieren

Beim Scrollen durch den Feed ist der Weg von privaten Urlaubsbildern von einer entfernten Bekannten zu Memes, Videoessays sowie politische Nachrichten nicht weit. Die Inhalte können von User*innen erstellt und verbreitet werden, die das journalistische Handwerk nicht beherrschen.

Geringe Zugangshürden sind ein Faktor, warum das Internet Falschnachrichten begünstigt. Seit dem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl 2016 ist der Begriff „Fake News“ in aller Munde. Seit 2016 wird der Begriff für Inhalte von anonymen Quellen gebraucht, die Falschinformationen verbreiten und die Emotionen der Rezipient*innen manipulieren. Jedoch kann die Bezeichnung auch taktisch gebraucht werden, um seriöse Nachrichten zu diskreditieren.

Der US-Präsident Donald Trump bezeichnet kritische Medienberichterstattung und Faktenchecker auf seinem X-Account als "Fake News".

Die Wissenschaftler Fabian Zimmermann und Matthias Kohring haben anstelle des Begriffs „Fake News“ das Modell „aktuelle Desinformation“ entwickelt, das das Phänomen besser auf den Punkt bringt. Aktuelle Desinformation greift gesellschaftlich relevante Themen auf. Sie vermittelt den Eindruck, Orientierung zu bieten – ähnlich wie journalistische Inhalte. Dabei gibt sie vor, faktenbasiert zu sein, unterscheidet sich jedoch deutlich von Meinung oder Satire.

Ein zentrales Merkmal ist ihre Unwahrheit: Die Inhalte sind nachweislich falsch und darauf ausgelegt, falsche Vorstellungen zu erzeugen. Anders als bei Irrtümern oder redaktionellen Fehlern wissen die Urheber*innen um die Falschheit ihrer Aussagen – das macht Desinformation besonders problematisch. Täuschung muss dabei nicht immer das Ziel sein: Auch Clickbait oder bewusst falsche Inhalte zu Testzwecken fallen unter den Begriff, sofern sie absichtlich irreführend sind.

Wie beurteilen die Journalistin Antonia Titze und die interviewten Politikerinnen die zunehmende Verbreitung von Fake News – und welche Herausforderungen sehen sie darin für den politischen Diskurs?





Wie kann es weitergehen?

Der Journalismus ist durch die Digitalisierung mit einigen Herausforderungen konfrontiert. Die Identität des Journalismus ist unklar, da viele Menschen an der Kommunikation teilnehmen. Werbekunden wandern ab, weswegen Ressourcen fehlen, was sich wiederum auf die Qualität auswirken kann.

Journalismus wird in Zukunft nicht nur in herkömmlichen Medien, sondern auch auf Social Media stattfinden, da sich die meisten jungen Menschen vorwiegend online informieren. Es gibt jedoch Wege, wie Journalismus weiterhin seine wichtige Rolle in der Demokratie einnehmen kann: Journalist*innen können sich in Zukunft mehr als Kuratierer*innen verstehen, die aus der Fülle an Material auswählen und einen Mehrwert schaffen indem wichtige Themen aufgegriffen und Zusammenhänge erklärt werden.

Dazu sollten Journalist*innen ihrem Publikum auf Augenhöhe begegnen sowie Kooperationen mit Nachrichtennutzer*innen wie etwa durch Foren eingehen. Zudem wäre eine stärkere Verankerung von Medienbildung wünschenswert, damit Jugendliche lernen, die Risiken digitaler Kommunikation zu erkennen und souverän mit Desinformation und Fake News umzugehen.

Was wünschen sich die Jugendlichen für den politischen Diskurs im digitalen Raum?





Mitwirkende

Konzept, Text, Video, Audio und Grafiken: Sarah Schwaighofer Kameraassistenz: Alexandra Paruch, César Graf Schreiber, Simon Bilonoha, Lucia Bellapianta

Der Beitrag entstand als praktischer Teil der Bachelorarbeit Perspektiven des Politikjournalismus im digitalen Zeitalter an der FH Wien der WKW

Quellen

Bär, D., Pierri, F., De Francisci Morales, G., & Feuerriegel, S. (2024). Systematic dis-crepancies in the delivery of political ads on Facebook and Instagram. PNAS Nexus

Hajli, N., Saeed, U., Tajvidi, M., & Shirazi, F. (2022). Social Bots and the Spread of Disinformation in Social Media: The Challenges of Artificial Intelligence. British Journal of Management

Zandonella, M., & Bohrn, K. (2024). Junge Menschen & Demokratie 2024.

Zimmermann, F., & Kohring, M. (2018). „Fake News“ als aktuelle Desinformation. Systematische Bestimmung eines heterogenen Begriffs