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Los geht's
Der Wiener Untergrund
Wie soll er genutzt werden?

Der Wiener Untergrund

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Unter den Straßen Wiens hat sich eine Szene entwickelt, der Menschen aus unterschiedlichen Gründen angehören. Sie haben verschiedene Vorstellungen, wie die teils vergessenen Räume genutzt werden sollen.
Die Folgen? Meinungsverschiedenheiten und Konflikte in der Szene!

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Was die Unterwelt bewahrt

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Marcello La Speranza ist studierter Archäologe und Historiker. Seit über 30 Jahren beschäftigt er sich mit dem, was sich unter den Wiener Straßen, Häuserzügen und Gassen verbirgt - und dort auf einen Platz in der Geschichte wartet. 

In unzähligen Kellern, Abriss-Häusern und Kanälen hat er nach Geschichte(n) gesucht. Worauf er gestoßen ist, hat er in Ausstellungen und einer Vielzahl von Büchern festgehalten.
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Wien ist eine rund zweitausend Jahre alte Stadt. Wir finden im Untergrund Wiens Zeugnisse aus verschiedensten Epochen: Von der Römerzeit bis in die jüngere Vergangenheit und Gegenwart. 

Diese Spuren der Geschichte verblassen laufend - etwa durch Umbauarbeiten oder weil sie schlicht verfallen. 

Meine Aufgabe als Historiker und Archäologe ist es, diese Spuren zu dokumentieren. Denn sonst verschwinden sie.


Marcello La Speranza
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Marcello La Speranza weiß nicht, worauf er treffen wird, wenn er die Stiegen hinabsteigt. 

Im Keller ist er ein Suchender zwischen den Zeiten, der findet und abwägt, welchen Wert dem achtlos Entsorgten aus vergangenen Zeiten in Zukunft beigemessen werden könnte.

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Video: Streifzug durch La Speranzas Fundhaus des Vergangenen

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Irgendwo in Wien liegt unter einem Wohnhaus ein Geflecht von Gängen. Früher, im zweiten Weltkrieg, wurden sie als Luftschutzkeller genutzt.

Hier deponiert der Historiker, was er auf seinen Streifzügen durch Keller und Abriss-Häuser findet. Dinge, die entsorgt worden wären. Dinge, von denen er glaubt, dass ihr Wert sich noch erweisen könnte.

Wo genau dieser Ort liegt, soll hier nicht geschrieben werden. Marcello La Speranza will kein Aufsehen.

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Video: Die Geschichte der "Schutzraum 1"-Tür

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Bereits der Eingang zu dem Abschnitt des ehemaligen Luftschutzkellers, in dem der Historiker einige seiner Funde aufbewahrt, ist irgendwie ein Schatz.

Auf der Tür prangt der Schriftzug "Schutzraum 1". Durch sie sind früher, in den Rosenhügel-Filmstudios Größen des deutschsprachigen Films der 1930er Jahre geschritten. 

Vor dem Abriss der Studiohallen rettete La Speranza die Tür vor dem Vergessen.

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Video: Was kann man für die Archäologen von Morgen noch erhalten?

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Der Keller-Abschnitt ist ein Ort der Geschichte in Auflösung. 

La Speranza beschreibt es als "Wettlauf mit der Zeit". Er versuche hier die Geschichte festzuhalten - zumindest für eine Weile. Sodass der eine oder andere Fund es möglicherweise in ein Museum schaffen und so überdauern kann.

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La Speranza geht auch mit weinendem Auge durch den Keller. Denn was er dort sieht, macht ihm deutlich, was da alles noch anderswo unter der Oberfläche zerfällt.

Viel Historisches verabschiede sich, ohne dass wir es merken, meint er.   


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Nicht alle Dinge in seinem Keller-Abschnitt haben
historischen Wert, sagt Marcello La Speranza. 
Er müsse meist schnell entscheiden, ob es sich lohnt, etwas mitzunehmen - bei Entrümpelungen, wenn die Abrissbirne schon über dem Gebäude schwebt oder wenn jemand ihm ein Objekt anbietet. 

Bei einigen Stücken, die er seit einiger Zeit nicht mehr
genauer betrachtet hat, packt ihn beim Gang durch den
Keller wieder die Neugierde.

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Nicht nur Objekte, auch Dokumente sammelt Marcello La Speranza in seinem Keller.
Einige sind Kopien aus den aus den staatlichen Archiven. Andere Dokumente aber, hat der Archäologe selbst geborgen. 

Aus den Funden haben sich bisweilen erstaunliche Geschichten entwickelt.

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In der Wiener Unterwelt ist ein Teil unserer Vergangenheit deponiert. Marcello La Speranza dokumentiert sie, damit die Geschichte nicht unwiderruflich im Erdboden versinkt, sondern ans Licht kommt. Das ist sein "ewiger Kampf", wie er selbst sagt.

Denn Geschichte, sei sie noch so grausam, soll nicht trennen, sondern verbinden.
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Geisterjäger

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In einem Keller in der Wiener Innenstadt sucht Gerhard mit seinem Team, den Ghosthunters, nach paranormalen Aktivitäten. 

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Das ehemalige Lazarett in der Wiener Innenstadt ist ein Fixpunkt für die Ghosthunters. Laut Teamleader Gerhard waren sie schon über 23 Mal dort. Mit seinem Schwesternzimmer, dem Isolierraum und der Kammer für die Notstandsmaschinen verspricht das Lazarett eine Aura, die die Geisterjäger:innen zu nur einem Schluss kommen lässt: Hier muss es spuken. 

Unter einem Geist versteht man die Seele eines Verstorbenen. Er ist entweder männlich oder weiblich, gutmütig oder gemein, will kommunizieren oder schreckt davor zurück. Vor dem ehemaligen Schwesternzimmer vermuten die Ghosthunters einen weiblichen Geist. An dieser Stelle rieche es auch öfters nach Rosenwasser, so ein Mitglied der Ghosthunters. Ein weiteres Indiz dafür, dass sich der Geist einer ehemaligen Krankenpflegerin im Raum befindet.  
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Warum spukt es im alten Lazarett? 

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Martina vermittelt zwischen der Gruppe und den Geistern und wird deswegen Medium genannt. 


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Eine Voraussetzung, dass sich die Geister überhaupt bemerkbar machen: Alle müssen ihre Handys auf Flugmodus stellen, die Kommunikationsverbindungen der Geräte müssen deaktiviert sein. Voller Fokus auf die Kommunikation mit den Geistern, bloß keine Verzerrungen durch das Mobiltelefon.

Statt den Handys haben die Ghosthunters eine Ausrüstung, die sie sich extra für die Suche nach paranormalen Aktivitäten zugelegt haben. Darunter fällt ein Laser, der grüne Punkte auf die Wand projiziert, sogenannte REM-Pods, die laut piepsen, sobald sich ein Geist annähert. Außerdem packen die Ghosthunters auch immer einen Thermometer, einen Luftdruckmeser und herkömmliche Digitalkameras ein. Im Vergleich zu moderneren Spiegelreflexkameras sind diese nämlich in der Lage, die Geister auf Bild einzufangen. Ein Gerät mit bunten Lichtern, an dessen Spitze ein Sticker mit einem Pentagram klebt, gibt außerdem Auskunft über den möglichen Standort von spirituellen Wesen. 



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So läuft eine Geisterjagd ab. 

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Die Ghosthunters wissen, dass nicht alle sie für voll nehmen. Was für andere lächerlich sein mag, ist für die Ghosthunters jedoch eine Freizeitbeschäftigung, die ihnen eine Community gibt. 

Dem Aufspüren von paranormalen Aktivitäten gehen aber nicht nur Teamleader Gerhard und sein Team nach. So gibt es in Wien noch mindestens zwei andere Gruppen, die aktiv nach Geistern suchen.

Eine Gruppe gibt zum Beispiel Touren am Friedhof der Namenlosen, wo hauptsächlich Menschen, deren Identität nicht geklärt ist, begraben liegen. Eine andere bietet gegen Bezahlung Geisterbeschwörungen an. Teamleader Gerhard distanziert sich allerdings von diesen Gruppierungen. Für ihn steht die Erkundung von paranormalen Aktivitäten im Mittelpunkt. Nicht der Anreiz, damit Geld zu verdienen. 


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Unterwegs als Urban Explorer

Moritz hat ein ungewöhnliches Hobby. Tagtäglich erforscht er verlassene Keller, Schächte und verlassene Gebäude - sogenannte Lost Places. Heute ist er im Wiener Untergrund unterwegs.
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Wann warst du das erste Mal im Untergrund?

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Gemeinsam mit Moritz geht es in ein verstecktes Gewölbe unterhalb der Kanalisation des 1. Bezirks.
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Unterwegs mit Moritz, dem Urban Explorer an einem geschichtsträchtigen Ort unter der Wiener Innenstadt. Was den Ort so besonders macht, erklärt er selbst.

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Wien ist eine der geschichtsträchtigsten Städte der Welt und so ist auch der Untergrund gezeichnet von den unterschiedlichsten Epochen. Moritz erklärt, warum es aus seiner Sicht gut ist, den Menschen auch diesen Teil der Stadt nicht vorzuenthalten.

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Einige Vereine bieten in Wien bereits professionelle Touren durch den Untergrund an. Meist an privaten Orten. Moritz hält nicht viel von dieser Art der privaten Touristenattraktion und präferiert Touren im kleineren Rahmen.

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Im ehemaligen Luftschutzbunker gibt es einen kleinen Raum, in dem sogleich eine Ansammlung an Ziegelsteinen auffällt. Gestapelt und relativ unauffällig liegen sie in der Ecke. Sie stammen wohl, wie vieles hier im Keller, noch aus dem 2. Weltkrieg. Soweit so unspektakulär? Ziegelsteine aus diesem Raum werden laut Moritz aktuell im Internet zu Geld gemacht. 99,95€ verlangt ein Influencer auf seiner Website für „ein Stück Wiener Unterwelten“ im Wohnzimmer. Eingerahmt, nummeriert und mit „Echtheitszertifikat“ kommt das Andenken aus dem Keller.

Auf eine Anfrage reagiert besagter Influencer mit folgendem Statement:

Bezüglich der Ziegelsteine sehe ich kein Problem, immerhin wurde jeder Keller damit erbaut und es gibt unzählige davon. Meine Auflage dieser Ziegelsteinbilder beträgt 10 Stück und diese dienen in erster Linie dafür, dass Interessenten bzw. Unterstützer, die unsere Arbeit wertschätzen, uns so eben unterstützen können. (…)

Wenn man bedenkt, dass die Wienerberger Ziegelfabrik im Jahre 1862 die größte Ziegelfabrik in Europa mit MEHREREN Millionen Ziegeln im Jahr war, sind diese beschädigten vier Stück welche am Baumüll gefunden wurden, nicht gerade erwähnenswert, aber klar, dass wieder irgendein Punkt zum Nörgeln gefunden werden muss.  
 

(…) Die Szene in Wien hat leider ganz große Äste in ihren Hintern stecken, einer ist dem Anderen wegen allem eifersüchtig.

Zu der Kommerzialisierung kann ich nur sagen, dass wir nur einen ganz kleinen Beitrag dazu beitragen, denn unsere Führungen finden, wenn überhaupt,  einmal pro Woche statt. Wir versuchen auf diesen Touren mit Leidenschaft die Geschichte & das Wissen an Interessenten weiterzugeben. Ich hoffe, ich konnte dir deine Antworten geben und auch zeigen, dass dieses ganze Gejammere wegen z. B. vier beschädigter Ziegel sowieso lächerlich ist.
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Der Verein

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hat vor einem Jahr den gemeinnützigen Verein "Unter Wien" gegründet. Damit will der 24-Jährige die Historie der Wiener Unterwelt einem breiteren Publikum näherbringen. Aktuell hat der Verein 12 Mitglieder. Seit etwa sieben Jahren erforscht er den Untergund der Stadt und hält seine Eindrücke mit der Kamera fest.
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Der Keller, in dem Arnold steht, wird von "Unter Wien" angemietet. Mit seinen Führungen will er den ehemaligen Luftschutzkeller einer breiteren Masse zugänglich machen.

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Mit seinem Verein kann Arnold seine Touren offiziell anbieten. Bis zu 20 Personen dürfen bei seinen 90-minütigen Führungen mitmachen. Für Erwachsene kostet das 20 Euro, für 14- bis 18-Jährige sind es 16. Jüngere können nicht teilnehmen.

Etwa drei Monate dauerte die museale Aufbereitung des ehemaligen Luftschutzkellers. Arnold und seine Vereinskollegen machen das ehrenamtlich. 100 Prozent der Einnahmen fließen in den Verein. 
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Das hohe Ziegelgewölbe und sieben Notaborts für Frauen lassen darauf schließen, dass bis zu 1.000 Menschen während Bombenangriffen dort Zuflucht suchten. Zuvor wurde der Luftschutzkeller als Lager eines Hotels genutzt. Arnold und seine Vereinskolegen renovierten den Raum, um Führungen dort abhalten zu können.
Schautafeln, die selbstrecherchierte Zeitzeugenberichte wiedergeben, hängen vereinzelt an den rohen Ziegelwänden.  

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„Ich bin nicht in den Bunker gegangen, sondern bin vor dem Haus gestanden mit dem Hausbesorger und habe gewartet bis die Flieger kommen. Ich hatte draußen weniger Angst als wie im Bunker, denn wenn ich die vielen Leute auf einem Ort sehe, dann bekomme ich ein ungutes Gefühl." - Eva, Jahrgang 1927.
 
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Das meiste wurde von den Vereinsmitgliedern aus eigener Tasche bezahlt. Arnold habe selbst bereits mehrere tausend Euro in das Projekt investiert. Er hofft, dass sich das Defizit irgendwann durch die Führungen ausgleicht.  Massentourismus will Arnold aber trotzdem vermeiden. Er nimmt nur an einem Tag in der Woche Menschen in den Keller mit.

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Wie soll der Untergrund genutzt werden?

Adrenalinjunkies, Bewahrer, Innovationsgetriebene und Explorer. Sie alle tummeln sich unter den Straßen Wiens und hauchen den verborgenen Räumen neues Leben ein. 

Ihr Interesse am Wiener Untergrund eint sie. Ihre Meinung dazu, wie dieser genutzt werden soll, trennt sie jedoch voneinander.
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Erforschen, dokumentieren, für kommende Generationen bewahren: Das ist es, was Marcello La Speranza unter den Erdboden treibt.

Der Untergrund ist eine Fundgrube, ein Ort des Vergessens und der Geschichte(en). Das sollte er auch bleiben. Nichts sollte man darin zerstören oder zurücklassen - außer Spuren. 


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Die Ghosthunters spüren, wie sie sagen, paranormale Aktivitäten und Wesen auf. Das geht am besten in dunklen Kellergewölben und Souterrains. 

Für sie ist der Untergrund ein Ort, an dem sie ihrem Hobby nachgehen können. Nicht mehr, nicht weniger. Dass dieser Ort von anderen stark kommerzialisiert wird, sehen sie kritisch. 
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Moritz möchte verlassene Orte wie die Wiener Unterwelt entdecken und erleben. Gleichzeitig ist er sich der historischen Dimension bewusst, die Orte wie diese mit sich bringen können. Er ist gegen eine Kommerzialisierung des Untergrunds, möchte aber, dass viele Leute diesen Aspekt der Stadtgeschichte erfahren und verstehen können.
Das "sollte jedoch eher der Auftrag vom Staat sein und nicht von (privaten) Vereinen", erklärt Moritz. 
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"Die Wiener Unterwelt dient für viele dazu, Geld zu schöpfen. Das ist auch ok. Jeder soll machen was er will. Für mich ist es wichtig, dass man mit den Orten behutsam umgeht"- Lukas Arnold, Obmann des Vereins Unter Wien.
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